Kein Eigenbedarf für Großneffen und ohne Aufenthaltserlaubnis
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Kein Eigenbedarf für Großneffen und ohne Aufenthaltserlaubnis

Die Kündigung eines Wohnungsmieters geht nur, wenn der Vermieter dafür einen Grund hat. Verhält sich der Mieter vertragstreu, bleibt eigentlich nur die Kündigung wegen Eigenbedarfs. Das lässt Vermieter kreativ werden.

Die Eigenbedarfskündigung setzt voraus, dass der Vermieter die Wohnung für sich oder einen Familienangehörigen benötigt. Aber wer gehört zur Familie? Das steht natürlich nicht im Gesetz.

Zunächst kann man auf die Regelungen zur Verwandschaft (§ 1589 BGB) und Schwägerschaft (§ 1590 BGB) zurückgreifen. Man muss also voneinander oder von der selben Person abstammen (Verwandschaft) oder Verwandschaft des Ehegatten sein (Schwägerschaft).

Damit scheiden bereits Verlobte, geschiedene Ehegatten, frühere Lebensabschnittsgefährten und deren Großmütter aus.

Der BGH (Urt. v. 27.01.2010, Az.: VIII ZR 159/09) meint, dass man doch auf das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zurückgreifen könnte. Also zumindest Verwandte bis zum 3. Grad und Verschwägerte bis zum 2. Grad wären Familie, also auch Nichten und Neffen.

Logisch ist das nicht unbedingt, da der bzw. die Verlobte nach § 383 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ebenfalls ein Zeugnisverweigerungsrecht hat, was ja bekanntlich zu dem einen oder anderen Spontanverlöbnis vor Gericht führt. Verlobte gehören aber nicht zur Familie, wenn es um den Eigenbedarf geht. Da ist man sich in der Rechtsprechung einig.

Zumindest die Kernfamilie soll gemeint sein. Wer dazu gehört, ist aber ebensowenig im Gesetz geregelt.

Ein Vermieter meinte, er benötige seine Wohnung dringend für seinen Großneffen. Das AG Fürstenfeldbruck (Az.: 5 C 364/19) wies die Räumungsklage mit Urteil vom 09.08.2019 ab. Dabei wollte es sich aber nicht entscheiden, ob für Großneffen überhaupt Eigenbedarf angemeldet werden kann. Jedenfalls müsste, je weiter die Verwandschaft, desto enger die soziale Verbundenheit sein. Das war in dem entschiedenen Fall offensichtlich nicht so.

Ähnlich kreativ, aber in ganz anderer Richtung, war ein Vermieter in einem vom LG Berlin (Urt. v. 03.07.2019, Az.: 65 S 227/18) entschiedenen Fall. Dieser erklärte, dass er die Wohnung selber nutzenwolle. Einziges Problem, der russische Vermieter mit Wohnsitz in Moskau hatte lediglich ein Visum für 90 Tage. Das Gericht hat die Klage abgewiesen. Ein Vermieter, der die Voraussetzungen eines dauerhaften Aufenthalts in Deutschland nicht erfüllt, benötige die Wohnung nicht, so das Gericht.